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CLOSEBei Von Tiling sind wir bestrebt, in allen Bereichen unserer Produktion und unseres Vertriebs so nachhaltig, so sozialverträglich, so umweltfreundlich und so transparent wie möglich zu sein. In der Textilbranche ist uns dies in der Zwischenzeit schon sehr gut gelungen. Aber wie sieht es mit anderen Bereichen aus, die uns im Alltag abseits unserer Arbeit begegnen?
Wir wollen über die Verschwendung von Lebensmitteln sprechen. Die meisten können sich darunter etwas vorstellen, aber es geht nicht nur um das sinnlose Wegwerfen von genießbaren Lebensmitteln in Privathaushalten und Supermärkten. Es geht auch um Essensreste in Restaurants, um die Überproduktion von Fast-Food-Ketten und auch um das Aussortieren von Feldfrüchten, die qualitativ völlig in Ordnung sind und nur optisch nicht den Standards entsprechen.
Werfen wir in diesem Zusammenhang einen Blick auf einige Fakten, so dass wir alle auf dem gleichen Stand sind.
Hierzu eine Studie des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft):
Das BMEL hat festgestellt, dass in Deutschland (Veröffentlichung der Studie im September 2019) rund zwölf Millionen Tonnen genießbare Lebensmittel weggeworfen werden.
Allein auf dem Acker/Gewächshaus entstehen 12% dieser Verschwendung. Hier wird Obst und Gemüse, das völlig in Ordnung ist, liegen gelassen. Oder es wird für die Biogasproduktion zweckentfremdet. Dies wird nur aus optischen Gründen getan und weil sich gerade Gurken besser stapeln lassen als krumme.
In Frankreich gibt es bereits seit einigen Jahren die Kampagne “Hässliches Obst und Gemüse” (Fruits et légumes moches). Seit 2019 gibt es auch in Deutschland die Initiative “Zu gut für die Tonne” (zugutfuerdietonne.de).
In Deutschland nimmt sich zum Beispiel auch das Unternehmen Etepetete (etepetete-bio.de) des Problems aktiv an. In Zusammenarbeit mit lokalen Biobauern und -bäuerinnen kauft Etepetete ihnen die Ernte auf, die für den Groß- und Einzelhandel nicht verkaufsfähig ist. Diese werden dann in Foodboxen verpackt und an die Kunden ausgeliefert. Es ist also nicht möglich, ein bestimmtes Produkt zu bestellen. Man bekommt, was gerade da ist. Denn alles andere als nachhaltig ist die ständige Verfügbarkeit fast aller Produkte im Supermarkt. Aber dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Wer selbst aktiv Lebensmittel retten möchte, kann sich zum Beispiel in der Umgebung erkundigen: Welche Landwirte bieten eine sogenannte Nachernte an? Dabei geht man über ein abgeerntetes Feld und sammelt beispielsweise Kartoffeln, die die Erntemaschinen übriggelassen haben. Manchmal kann man das sogar umsonst machen und einen ganzen Sack mitnehmen, manchmal wird gewogen und man zahlt einen kleinen Obolus. Ähnlich funktioniert die Plattform “Mundraub” (www.mundraub.org). Hier werden lokale Obstbäume und Streuobstwiesen angezeigt, bei denen Steinobst, Nüsse und Beeren kostenlos geerntet werden können.
Nach Angaben des BMEL ist die Lebensmittelindustrie mit 18 % der zweitgrößte Verschwender. Die Welthungerhilfe schreibt dazu: “In der Industrie entstehen die meisten Lebensmittelverluste durch Transportschäden, falsche Lagerung und produktionstechnische Ursachen. Auch die interne Qualitätssicherung und Überproduktion tragen dazu bei.” (https://www.welthungerhilfe.de/lebensmittelverschwendung/#c16879) Dies ist der Maxime geschuldet, dass alles immer verfügbar sein muss. Eine Entwicklung, die sich im Zuge der Globalisierung seit Jahrzehnten immer stärker manifestiert und geradezu zum Auslöser von Unmut wird, wenn ein Produkt einmal nicht verfügbar ist. Lebensmittel, die für den deutschen Markt bestimmt sind, werden weltweit produziert. Auf den langen Transportwegen verderben vor allem leicht verderbliche Waren wie Obst und Gemüse. Von den extremen CO2-Belastungen, die durch den Transport entstehen, wollen wir an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.
Bauernhof-Romantik – oft anders als gedacht (aber das ist ein anderes Thema)
Warum müssen wir zu Weihnachten Erdbeeren aus Südafrika importieren, wenn sie doch im Sommer in der Region in Hülle und Fülle wachsen? Oder warum müssen wir die Kiwis aus Neuseeland einfliegen, wenn sie doch auch in Italien zu jeder Jahreszeit gut gedeihen? Einer der großen Trends im Lebensmittelbereich, der sich hoffentlich massiv durchsetzen wird, ist regional und saisonal. Da die meisten von uns aber mit einem ganzjährigen Vollsortiment aufgewachsen sind und auch die Schulen in Sachen regionaler Landwirtschaft völlig versagen, gibt es sogenannte Saisonkalender, die zeigen, was in diesem Monat aus deutscher/regionaler Produktion kommt. (z.B. https://utopia.de/ratgeber/saisonkalender-fuer-gemuese-obst/) Würde auch die Lebensmittelindustrie auf diesen massiven Trend aufspringen, könnte die Lebensmittelverschwendung deutlich reduziert und viele Transportwege eingespart werden.
Wenn man an Lebensmittelabfälle denkt, kommen einem als erstes Bilder von überfüllten Containern hinter Supermärkten in den Sinn, die einwandfreie Produkte lieber entsorgen, als sie Mitarbeitern oder Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. “Containern” ist hier fast zu einem Sport geworden: Man schleicht sich auf das Gelände der Supermärkte, um den Inhalt der Container – den Müll – zu stehlen. Natürlich ist das illegal, aber die moralische Frage ist: Ist es verantwortbar, Essbares wegzuwerfen, wenn um die Ecke Menschen hungern und sich kaum Gesundes leisten können? Aber wir wollen an dieser Stelle auch keine Debatte über die Armut führen.
Tatsächlich machen die Abfallmengen der Supermärkte, die wir aus den Nachrichten kennen, nur 4% der gesamten Lebensmittelverschwendung aus. Natürlich würden auch die Supermärkte und Discounter einen Schritt in die richtige Richtung machen, wenn sie auf saisonale Produkte setzen würden oder einfach ihre Frischetheken und Obst- und Gemüsetheken etwas weniger opulent bestücken würden. Ich finde, abends um halb zehn darf das Gemüseregal auch mal ein bisschen geplündert aussehen. Das ist mir jedenfalls lieber als überfüllte Mülltonnen.
Die Außer-Haus-Verpflegung ist ein Bereich, in dem Lebensmittelverschwendung fast unvermeidlich ist. Restaurants können nicht vorhersehen, was die Gäste im Laufe des Tages bestellen. Bereits gekochte oder zubereitete Speisen lassen sich nur sehr schwer verteilen. Eine kleine, übersichtliche Speisekarte, die dann auch mit regionalen Produkten gefüllt wird, kann hier zumindest die Menge der Überproduktion reduzieren. Diese kann dann saisonal angepasst werden. Die Zutaten können frisch eingekauft werden. Eine große Vielfalt bedeutet auch immer, dass viel übrig bleibt und nicht verarbeitet wird. Oder ein Großteil der Zutaten ist nicht frisch, sondern kommt aus der Tüte. Beim nächsten Restaurantbesuch solltest du also vielleicht ein Lokal wählen, das eine kleinere Speisekarte hat. Vielleicht unterstützt dies sogar die Bauern aus der Region.
Ein voller Tisch – ob durch Containern oder vom lokalen Biobauern … Bunt ist gesund!
Und damit sind wir auch schon beim letzten Bereich angelangt: den privaten Haushalten, die Lebensmittel verschwenden.
Und dieser Bereich ist mit erschreckenden 52 Prozent am Gesamtproblem beteiligt. Viele Haushalte kaufen deutlich mehr ein, als sie eigentlich verbrauchen können. Das landet dann im Müll. Die einfachsten Möglichkeiten, hier etwas zu reduzieren, sind: Häufiger kleinere Mengen einkaufen, die nächsten Mahlzeiten im Voraus planen, einen Einkaufszettel schreiben und nicht hungrig einkaufen gehen. Das sind alles Tipps, die wir bestimmt schon mal gehört haben. Und ja, es funktioniert wirklich.
Natürlich kann man auch in einem Unverpackt-Laden genau die Menge kaufen, die man wirklich braucht (https://unverpackt-verband.de/).
Sollte doch einmal etwas “abgelaufen” sein, hilft es oft, einfach am Produkt zu riechen und/oder es vorsichtig zu kosten. Das MHD bedeutet, dass das Produkt MINDESTENS bis zu diesem Tag genießbar sein muss. Da Unternehmen in der Regel immer darauf bedacht sind, ihr eigenes Risiko so gering wie möglich zu halten, haben wir dieses Datum natürlich auf einen frühen Zeitpunkt gelegt, um eventuellen Problemen mit Haftungsansprüchen kategorisch aus dem Weg zu gehen. Außerdem ist die Zahl derer, die Produkte nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ohne Prüfung entsorgen, sehr hoch. In diesem Fall ist eine kurze Haltbarkeit natürlich ein Anreiz zum Wiederkauf. Aber MHD steht eben für Mindesthaltbarkeit, also “mindestens haltbar bis” und nicht “absolut lebensgefährlich ab“. Ein Joghurt kann auch noch Wochen nach dem MHD gegessen werden und Konserven sind sowieso ewig haltbar. Eine produktgerechte Lagerung und die Einhaltung der Kühlkette sind natürlich immer Voraussetzung.
Lasst uns alle gemeinsam diese Welt zu einem besseren Ort machen und unseren Umgang mit Lebensmitteln in allen Bereichen überdenken. Mit euren Kaufentscheidungen bestimmt ihr das Angebot auf dem Markt. Und je mehr Menschen sich regional und saisonal ernähren, desto mehr sind alle Akteure der Lebensmittelindustrie zum Umdenken gezwungen.
Danke für deine Zeit … und guten Appetit!